12. Februar 2019

Muss AG Mehr-Std./Über-Std. mit Zuschlag bezahlen, wenn AN während Künd-Frist nicht Std kompensiert?

Guten Tag zusammen

Ich schildere kurz die Situation:

Der MA verpflichtete sich bei Bedarf Mehrarbeit über die abgemachte TLZ (70%) hinaus zu leisten, in speziellen Fällen bis zu einem Pensum von 100%. Mehrarbeit über 70% wird bis zum Erreichen der vertraglichen Wochenarbeitszeit entweder 1:1 kompensiert oder 1:1 ausbezahlt (ohne Überzeitzuschlag von 25%). Dies wurde im EAV unterzeichnet.

Der MA hatte flexible Arbeitszeit und während der Anstellung häuften sich die Mehrstunden aufgrund betrieblicher Bedürfnisse/Notwendigkeit. Trotz vielen Kompensationstagen konnten die Stunden nicht vollständig reduziert werden. Die Stunden wurden monatlich von der vorgesetzten Person stillschweigend zur Kenntnis genommen/visiert. Nun kündigte der MA und wollte die Ferientage und die Mehrstunden kompensieren und demzufolge den AG vor dem offiziellen Austrittstag verlassen. Die vorgesetzte Person lehnte dies aus betrieblichen Bedürfnissen ab.

Der MA konnte bis zu seinem offiziellen Austritt zwar alle Ferientage, jedoch nicht seine Mehrstunden abbauen. Die Mehrstunden wurden schlussendlich 1:1 abgerechnet.

Der MA macht nun auf einen Teil der Mehrstunden einen Zuschlag von 25% geltend, da er zwar Mehrstunden kompensiert hat, jedoch keine Kenntnisse von Überstunden hatte. Während der Anstellung konnte der MA jederzeit sein Zeitsaldi und Feriensaldi aber keine Überstd- Saldi abfragen. Einen Zeitausweis mit Details wird seitens HR grundsätzlich nur auf Verlangen des AN ausgehändigt.

Nun ist der MA auf ein BGE betr. Gleitzeitüberhang gestossen und fordert nicht nur die Überstd. mit Zuschlag, sondern alle Mehrstunden mit Zuschlag von 25%, da er aus betrieblichen Bedürfnissen diese nicht kompensieren konnte.

Unsere Fragen:

  1. Ist das Geschäft gesetzlich verpflichtet, in regelmässigen Abständen die MA über ihre Guthaben zu informieren?
  2. Sind nun mit der Kompensation von Mehrstunden, die darin enthaltenen Überstunden automatisch ausgeglichen oder muss der MA sein Einverständnis speziell für die Kompensation von Überstd geben?
  3. Werden die nicht kompensierten Mehrstunden bei ordentlicher Kündigung vom AN automatisch zu Überstunden mit Zuschlag von 25% qualifiziert, wenn der AG eine Kompensation verweigert?
  4. Wie kann eine solche Situation inskünftig vermieden werden?
  5. Wie ist die Handhabung in anderen Unternehmungen?

Uns ist es bewusst, diese Situation kann durch klare Kommunikation durch den Vorgesetzten, konkrete Formulierung im Arbeitszeitreglement und regelmässiger Infos an AN über die geleistete Arbeitszeit vermieden werden.

Vielen Dank für eure Antworten.

Freundliche Grüsse

2 Antworten

Guten Tag

Ihre Frage ist recht komplex und ich müsste Ihnen ein paar Rückfragen stellen können, um den Sachverhalt und die vertragliche Abmachung präzise erfassen zu können. Insbesondere müsste ich besser verstehen, wie in Ihrem Betrieb die Begriffe Gleitzeit/flexible Arbeitszeit und Mehrzeit/Überstunden/Überzeit verwendet werden, da sie für den Juristen unterschiedliche Bedeutungen haben. Ich versuche dennoch, hier eine Antwort zu geben. Falls diese daneben ist, entschuldige ich mich.

1) Nein, der AG ist nicht verpflichtet, die MA regelmässig von sich aus über die angesammelte Mehrzeit zu informieren, es wird aber oft getan. Es ist ja auch im Interesse des AG, dass die MA ihre Überstunden abbauen, da sonst spezielle Rückstellungen gebildet werden müssen.

2+3) Es ist mir nicht ganz klar, ob man mit dem MA Gleitzeit vereinbart hat, es scheint mir aber eher so, dass man zwar eine flexible Arbeitszeit (d.h. keine fixen Arbeitszeiten) aber keine Gleitzeit im eigentlichen Sinn vereinbart hat. Gleitzeit würde heissen, dass der MA seine Arbeitszeit selber einteilen kann und freiwillig geleistete Mehrzeit durch Minusstunden selbständig kompensieren kann (ohne Entschädigung). Betrieblich notwendige Mehrzeit ist jedoch nicht Gleitzeitüberhang, da nicht freiwillig geleistet, sondern gilt als Überstunden, die entsprechend entschädigt werden müssen, sofern nichts anderes vertraglich vereinbart ist. Ich nehme an, dass der BGE, den der MA erwähnt hat derjenige ist, bei dem es um einen Gleitzeitüberhang ging, den der MA am Ende des Arbeitsverhältnisses aus betrieblichen Gründen nicht mehr kompensieren konnte (BGE 123 III 469). In so einem Fall hat das Bundesgericht entschieden, dass der Gleitzeitüberhang, obwohl freiwillig geleistet, wie Überstunden behandelt wird, d.h. die Stunden müssen mit einem Zuschlag von 25% ausbezahlt werden, sofern im Arbeitsvertrag nichts anderes geregelt ist.

Ihr Fall scheint mir aber anders gelagert zu sein. Es macht den Eindruck, dass man nicht Gleitzeit vereinbart hat, sondern ein 70% Pensum (wie g...

Roy L.
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Ergänzend zu Roy's ausführlicher Antwort möchte ich nur zu Frage 4 etwas beisteuern.

4. Wie kann eine solche Situation inskünftig vermieden werden?

Es nicht soweit kommen lassen!

Teilzeitler, welche regelmässig...

Peter Z.
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